27. April 2024

Geschäftsreise nach Bukarest

„Wegen einer technischen Störung verzögert sich die Weiterfahrt des Zuges um wenige Minuten. Wir bitten um ihr Verständnis.“ Diese Durchsage hörte ich im Bahnhof Raunheim in der S-Bahn, die schon mein Plan B für eine einigermaßen pünktliche Ankunft am Frankfurter Flughafen für meinen Flug nach Bukarest gewesen war. Die Bahn von Plan A war zuvor schon ausgefallen. Somit hatte ich in diesem Moment für die Bahn ungefähr so viel Nachsicht und Verständnis wie Darth Vader für die Rebellen-Allianz nach der Explosion des ersten Todessterns.

Frühsport im Fraport

Also griff ich zu meinem Gepäck und zu Plan C, raus aus dem Bahnhof und ein Taxi nehmen. Wie schön, dass vor dem Bahnhof gerade wegen eines Mediziner-Kongresses – wie ich später erfuhr – gar kein Taxi bereitstand. Nach einem hektischen Telefonat mit dem örtlichen Taxiunternehmer sah ich aber doch eins in der Nähe des Bahnhofs herumfahren und warf mich ihm in den Weg. Mit der Seelenruhe eines in die Jahre gekommenen Jedi-Meisters fuhr mich dann der nette Taximann mit anatolischem Migrationshintergrund zum Terminal 2 des Frankfurter Flughafens, nicht ohne mir fortlaufend auszumalen, wie gering mittlerweile die Chancen seien, das Flugzeug noch zu bekommen.

Mein Gepäck wollte man mir am Schalter nicht mehr abnehmen, also im Dauerlauf mit Tasche durch endlose Gänge, um dann keuchend und nassgeschwitzt vor den Sicherheitskräften zum Stehen zu kommen. Vermutlich versuchen finstere Gesellinnen und Gesellen das Flugzeug immer gerne auf den letzten Drücker zu besteigen und in exotische Destinationen zu entführen, denn die Überprüfung war gründlich und fast schon erotisch handgreiflich. Da ich der Erfahrung mit einem British-Airways Flug nach London folgend diesmal ausdrücklich keine Ninja-Waffen dabeihatte, ließ man mich durch und ich konnte dann doch das Onboarding bei der rumänischen TAROM abschließen.

Der spirituelle Kelch zieht an mir vorbei

Flugzeug von TAROM
Glücklich in Bukarest gelandet

So betrat ich dann als letzter den bereitstehenden Bus, der uns über das Rollfeld zum Flugzeug bringen sollte. Dort warteten bereits zwei Mitarbeiter unseres Kunden auf mich. Wir konnten uns aber nicht lange unterhalten, denn ein recht müd aussehender Mann mit schlechter Rasur riss das Gespräch an sich und wedelte dabei kräftig mit seiner bemerkenswerten Alkoholfahne. Ich betete inständig, dass ich den Flug nicht neben diesem Herrn verbringen musste und dies wurde erhört. Der hochprozentig gefüllte Kelch zog an mir vorüber und landete bei einem der Kundenmitarbeiter.

Gemäß der biblischen Weisheit, dass die letzten die ersten sein würden, betraten wir ein fast leeres Flugzeug. Wo war der erste Bus geblieben, der die Projektleiterin und den Product Owner unseres Projekts zum Flieger bringen sollte? Der machte noch eine Rundreise über das Rollfeld, da die Passagiere wohl nichts von einer laufenden Abschiebung mit unserem Flugzeug mitbekommen sollten. Aber nach einer guten Weile kamen sie dann auch und es hob dann der Flieger doch noch in Richtung Osten ab.

Ein Transport-Angebot, das wir ablehnen konnten

Von einem rumänischen Kollegen war ich bereits im Vorfeld der Reise über die Taxi-Mafia am Bukarester Flughafen informiert worden und wir konnten dann zielgerichtet über eine Buchungsmaschine ein deutlich günstigeres Vehikel für die Fahrt ins Zentrum ordern. Dem alten Dacia sah man seinen langjährigen Dienst an und die zahlreichen am Rückspiegel baumelnden Duftbäumchen stemmten sich tapfer aber ergebnislos gegen das besondere olfaktorische Oeuvre des betagten Fahrzeugs in verwitternder Quitscheentchen-Farbe.

Unterwegs in die Innenstadt bewunderte ich insbesondere die kreative Art der Elektro-Installationen. So werden in Bukarest beispielsweise Bündel von Starkstromkabeln einfach an den Masten der Straßenbeleuchtung befestigt. Das Kabelgewirr sah an manchen Stellen fast so aus, als hätte eine Armee von Riesenspinnen die Stadt gerade überfallen und eingesponnen.

Die Nationalbank von Rumänien
Die prachtvolle Nationalbank von Rumänien

Wellness-Möglichkeiten in Bukarest

Am Abend hatte ich dann die Gelegenheit, mir die Altstadt von Bukarest rund um die Rumänische Nationalbank anzuschauen. Neben vielen interessanten Restaurants, Cafés und Bistros ist man hier auch besonders bemüht für Menschen mit rheumatischen Beschwerden und Verspannungen. Im Schein der Rotlicht-Lampen findet man zahlreiche Massage-Angebote, zu denen man als allein spazierende Person doch relativ nachdrücklich eingeladen wird.

Nachtleben von Bukarest
Im pulsierenden Nachtleben von Bukarest

Das Essen in Bukarest war an beiden Abenden kräftig und deftig, auch die Qualität der alkoholischen Getränke ließen keine Wünsche offen. Für den Erhalt der schlanken Linie war es definitiv nicht geeignet, besonders die Desserts wie der noch warme Schokoladenkuchen dürften vielleicht nicht dick machen, sich aber doch sanft und nachhaltig an die Hüfte schmiegen.

Ein wenig Arbeit gab es auch

Natürlich waren wir nicht nur zu unserem Vergnügen in der Stadt. Morgens brachte uns ein Astra-Triebwagen der Metro zwischen zwei kürzeren Fußmärschen in den Vorort Preciziei in das dortige Gewerbegebiet, in dem neben dem eine Niederlassung unseres Kunden auch noch andere renommierte Unternehmen wie Renault und Accenture angesiedelt sind. Hier hatten wir in dem modernen Bürokomplex mit dem Entwicklerteam vor Ort mehrere Meetings und abschließend noch eine gemeinsame Retrospektive der bisherigen ersten Sprints.

Die Rückreise ins Graue

Trotz einiger Abstimmungsschwierigkeiten klappte die Rückfahrt zum Flughafen ganz gut, der Taxifahrer legte dabei einen Fahrstil an den Tag, der mich an die Fahrkünste seiner Kollegen in Indonesien erinnerte. So konnten wir in Ruhe einchecken und ich bestaunte mit mit dem rumänischen Kollegen noch einige Souvenirs rund um den bekannten transsilvanischen Blutsauger und sein historisches Vorbild Vlad Dracul, um die Zeit bis zum Abflug aus dem frühlingshaften Rumänien totzuschlagen.

Beim Anflug konnte ich bereits mit gewisser Vorfreude das heimische Haus in Mainz-Kostheim sehen, bevor uns der Flieger in den Regen Frankfurts entließ.

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